Ein historischer Schritt – Das Internationale Zentrum für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine nimmt bei Eurojust seine Tätigkeit auf

03 July 2023|PRESS RELEASE
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Das Internationale Zentrum für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine (ICPA) nahm heute offiziell seine Tätigkeit bei Eurojust auf – ein Ereignis von historischer Tragweite. Das ICPA wird zur Vorbereitung von Strafverfahren wegen Verbrechen der Aggression beitragen, indem es wichtiges Beweismaterial sichert und die Fallbearbeitung in einem frühen Stadium unterstützt.

Am 3. Juli wurde das ICPA in den Räumlichkeiten von Eurojust in Den Haag feierlich eröffnet. Ansprachen hielten der Eurojust-Präsident Ladislav Hamran, der EU-Kommissar für Justiz Didier Reynders, der Generalstaatsanwalt der Ukraine Andriy Kostin, der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Karim A. A. Khan, der stellvertretende US-Generalstaatsanwalt Kenneth A. Polite und die Justizministerin der Niederlande, Dilan Yeşilgöz-Zegerius. Am selben Tag wurde eine Beitragsvereinbarung mit dem Dienst für außenpolitische Instrumente der Europäischen Kommission unterzeichnet und die erste operative Auftaktsitzung des Zentrums abgehalten.

ICC Prosecutor Karim A.A. Khan, Justice Minister of the Netherlands Ms Dilan Yeşilgöz-Zegerius, Prosecutor General of Ukraine Andriy Kostin, Eurojust’s President Ladislav Hamran, European Commissioner for Justice Didier Reynders and Assistant Attorney General Kenneth A. Polite
ICC Prosecutor Karim A.A. Khan, Justice Minister of the Netherlands Ms Dilan Yeşilgöz-Zegerius, Prosecutor General of Ukraine Andriy Kostin, Eurojust’s President Ladislav Hamran, European Commissioner for Justice Didier Reynders and Assistant Attorney General Kenneth A. Polite

Bei der Eröffnungsfeier betonte Didier Reynders, der EU-Kommissar für Justiz: Mit der Gründung des ICPA bekräftigt die Europäische Union ihre Entschlossenheit, dafür zu sorgen, dass die im Krieg Russlands gegen die Ukraine begangenen Straftaten gegen das Völkerrecht, einschließlich des Verbrechens der Aggression, in vollem Umfang geahndet werden. Die Gründung des ICPA ist ein klares Zeichen an die Welt, dass das Gewaltverbot die Grundlage unserer internationalen regelbasierten Ordnung bleibt und dass diejenigen, die dagegen verstoßen, zur Rechenschaft gezogen werden.

Ladislav Hamran, der Präsident von Eurojust, erklärte: Eurojust leistet seit Langem mit großer Zuverlässigkeit operative, technische, logistische und finanzielle Unterstützung für nationale Staatsanwaltschaften, die in grenzüberschreitenden Fällen tätig sind. Auf die gleiche Weise tragen wir seit Beginn des Krieges dazu bei, die nationalen Ermittlungen zu den Straftaten gegen das Völkerrecht, die in der Ukraine begangen wurden, zu koordinieren und zu stärken. Mit dem ICPA bringen wir unsere gemeinsamen Anstrengungen, der Straflosigkeit auf allen Ebenen ein Ende zu setzen, einen entscheidenden Schritt voran.

Der Generalstaatsanwalt der Ukraine Andriy Kostin erklärte: Mit der offiziellen Eröffnung des Internationalen Zentrums für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression wird ein klares Zeichen gesetzt, dass die Welt geschlossen und unerschütterlich das Ziel verfolgt, das russische Regime für alle seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Leider weist die Architektur der internationalen Strafrechtspflege bei der Ahndung von Verbrechen der Aggression eine große Lücke auf. Das ICPA ist ein Baustein, mit dem diese Architektur durch eine feste Verankerung des Aggressionsverbots vervollständigt und verstärkt wird.

Karim A. A. Khan, der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, kommentierte: Wir sehen, wie aus der tiefen Dunkelheit und dem Leid in der Ukraine auch ein neues Licht der Hoffnung entsteht: Partnerschaften, mit denen die Täter zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Meine klare Botschaft heute lautet, dass wir die Grundlagen für die Zusammenarbeit, die wir im vergangenen Jahr mit Eurojust und den nationalen Behörden durch die gemeinsame Ermittlungsgruppe geschaffen haben, weiter verstärken werden.

Das Justizministerium der USA ist stolz darauf, an der Seite unserer europäischen Partner zu stehen und zu den ersten zu gehören, die sich am Internationalen Zentrum für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine (ICPA) beteiligen, sagte Kenneth A. Polite, stellvertretender Generalstaatsanwalt in der Strafabteilung des US-Justizministeriums. Die neu ernannte für Verbrechen der Aggression zuständige Sonderstaatsanwältin im Justizministerium, Jessica Kim, wird die Vereinigten Staaten bei der ICPA vertreten. Das umfangreiche Fachwissen und die Ressourcen, die unser Ministerium als Reaktion auf Russlands illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine zusammengetragen hat, werden ihr uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Dilan Yeşilgöz-Zegerius, Justizministerin der Niederlande, fügte hinzu: Mit der Eröffnung des ICPA haben wir heute einen wichtigen Schritt getan, um sicherzustellen, dass internationale Verbrechen, die mit der russischen Aggression gegen die Ukraine einhergehen, strafrechtlich verfolgt werden. Dies setzt umfassende Ermittlungen voraus, bei denen wir uns im Rahmen des ICPA gegenseitig helfen können. Daher sind die Niederlande stolz darauf, Gastland des ICPA zu sein.

Das ICPA und Eurojust

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Das ICPA ist ein einzigartiges justizielles Zentrum, das in Eurojust eingebettet ist. Seine Aufgabe besteht darin, nationale Ermittlungen zu unterstützen, die sich auf das Verbrechen der Aggression im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine beziehen. Das ICPA bietet unabhängigen Staatsanwälten aus verschiedenen Ländern einen Ort, an dem sie täglich zusammenarbeiten, Beweismittel schnell und effizient austauschen und sich auf eine gemeinsame Ermittlungs- und Strafverfolgungsstrategie verständigen können. Die Arbeit des ICPA wird die künftige strafrechtliche Verfolgung des Verbrechens der Aggression vorbereiten und dazu beitragen, und zwar unabhängig davon, welches Gericht letztlich dafür zuständig sein wird.

Die am ICPA Beteiligten werden von Eurojust operative, technische, logistische und finanzielle Unterstützung erhalten, die genau auf ihren Bedarf zugeschnitten ist. Die von Eurojust verwaltete zentrale Datenbank für Beweismittel zu schwersten Völkerrechtsverbrechen (Core International Crimes Evidence Database, CICED) wird für die Arbeit des ICPA eine zentrale Rolle spielen. Beweismittel, die bereits im Zusammenhang mit anderen internationalen Verbrechen (Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) in die CICED hochgeladen wurden, können für Ermittlungen wegen des Verbrechens der Aggression ebenso relevant sein. Es wird auch möglich sein, nationale Beweismittel, die von künftigen ICPA-Teilnehmern vorgelegt werden, in der CICED zu speichern, um sie später auszuwerten.

Den Haag hat als Sitz mehrere Vorteile. Hier hat das ICPA nicht nur direkten Zugang zu dem wertvollen Fachwissen des bei Eurojust angesiedelten Sekretariats des Genozid-Netzes, sondern kann auch eng mit dem Internationalen Strafgerichtshof und anderen Akteuren des internationalen Justizwesens zusammenarbeiten und sich mit diesen abstimmen.

Notwendigkeit und Einzigartigkeit des ICPA

Der Krieg in der Ukraine ist besser dokumentiert als jeder andere in der Geschichte, und zum ersten Mal wird bereits aktiv wegen des Verbrechens der Aggression ermittelt, während der bewaffnete Konflikt noch anhält. Gleichzeitig haben wir es mit einer Straftat gegen das Völkerrecht zu tun, die bislang nur selten strafrechtlich verfolgt wurde und für die es keine etablierte Verfahrensweise gibt.

Mit der raschen Einrichtung des ICPA wird eine Brücke von den Zielsetzungen zur Realität geschlagen. Denn das Zentrum führt die Beteiligten zusammen, sichert wichtiges Beweismaterial und sorgt dafür, dass bei der Fallbearbeitung keine Zeit verloren geht, um das Verbrechen der Aggression strafrechtlich verfolgen zu können. Damit vermittelt die justizielle Gemeinschaft die klare Botschaft, dass diejenigen, die für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden. Die heutige Eröffnung des ICPA ist daher ein Meilenstein für das internationale Rechtswesen.

Teilnehmer des ICPA

An der Anlaufphase des ICPA beteiligen sich neben der Ukraine fünf weitere Mitglieder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) (Litauen, Lettland, Estland, Polen und Rumänien). Im Anschluss an eine Vereinbarung mit den Mitgliedern der GEG haben die Vereinigten Staaten eine Sonderstaatsanwältin für das Verbrechen der Aggression ernannt, die das ICPA bei seiner Arbeit unterstützen wird.

In den kommenden Monaten wird die Teilnahme weiterer Länder und Organisationen – wie des Internationalen Strafgerichtshofs und der Beratenden Mission der EU in der Ukraine – am ICPA ermöglicht. Länder, die über Informationen oder Beweise verfügen, die für Ermittlungen hinsichtlich des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine relevant sind, können ebenfalls einen Antrag auf Teilnahme stellen.

Finanzierung des ICPA

Das ICPA wird vollständig vom Dienst für außenpolitische Instrumente der Europäischen Kommission finanziert. Die Vereinbarung über einen anfänglichen Finanzbeitrag von 8,3 Mio. EUR wurde heute vom Direktor des Dienstes für außenpolitische Instrumente der Europäischen Kommission, Peter Wagner, und vom Verwaltungsdirektor von Eurojust, Evert van Walsum, unterzeichnet.

Allgemeine Unterstützung von Eurojust bei Bemühungen um die Rechenschaftspflicht in der Ukraine

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Seit dem Ausbruch des Krieges setzt sich Eurojust an führender Stelle dafür ein, die Verantwortlichen für die Verbrechen Russlands strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Dabei stützt sich die Agentur auf ihre 20-jährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit nationalen Staatsanwälten bei grenzüberschreitenden Fällen.

Nur sechs Tage nach Kriegsbeginn unterstützte Eurojust die Einrichtung einer GEG, die mittlerweile aus der Ukraine, sechs EU-Mitgliedstaaten und dem Internationalen Strafgerichtshof besteht. In Anbetracht der besonderen Schwierigkeiten, die bei Ermittlungen dieser Art mit der Beweisführung verbunden sind, wurde die Datenbank CICED eingerichtet. Grundlage hierfür war eine dringliche Änderung des Mandats von Eurojust nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. Bisher wurden Hunderte von Dossiers aus neun Ländern einschließlich der Ukraine an die CICED übermittelt. Die ersten Analyseergebnisse bestätigen, dass diese Datenbank für die Strafverfolgungspraxis von greifbarem Nutzen ist.

Die Agentur beherbergt auch das EU-Netz für die Ermittlung und Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (das Genozid-Netz), eine zentrale Anlaufstelle für den Austausch von Expertenwissen über diesen Bereich.

Da Eurojust bereits über diese umfangreiche Unterstützungsstruktur verfügt, ist es für die Aufnahme des ICPA am besten geeignet.

Hintergrund

Verbrechen der Aggression sind Verbrechen, die von der obersten politischen und militärischen Führung begangen werden. Da Russland keine Vertragspartei des Römischen Statuts ist, hat der Internationale Strafgerichtshof keine Handhabe, die russische Führung im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine wegen des Verbrechens der Aggression zu belangen.

Um diese Lücke zu schließen, legten die Europäische Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst im November 2022 eine Analyse der Optionen vor, wie die im Zusammenhang mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine begangenen Verbrechen, einschließlich des Verbrechens der Aggression, geahndet werden können.

Die Einrichtung des ICPA ist der erste Schritt in diesem Prozess, um Beweismittel zu sichern und Fälle für künftige Gerichtsverfahren vorzubereiten, sei es vor nationalen Gerichten, einem Sondergericht oder dem Internationalen Strafgerichtshof, sofern Straftaten in dessen Zuständigkeit fallen.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, kündigte auf dem 24. Gipfeltreffen zwischen der EU und der Ukraine am 2. Februar 2023 die Einrichtung des Internationalen Zentrums für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine an.

Weitere Informationen

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